Für das Stadtgebiet Arnsberg liegt jetzt eine Starkregengefahrenkarte vor. Hier können sich alle Hauseigentümer*innen und Grundstückseigentümer*innen informieren ob und wie stark ihr Eigentum bei Starkregen gefährdet ist.
Die Stadt Arnsberg kann die Bürger*innen im Stadtgebiet nicht vollständig vor Starkregenereignissen schützen. Daher müssen alle Betroffenen auch Eigenvorsorge treffen. Das Unwetter vom 14./15. Juli 2021, das im Ahrtal, im Rheinland und auch im Sauerland und Bergischen Land teilweise verheerende Schäden angerichtet hat, zeigt, dass ein vollständiger Schutz vor extremen Starkregenereignissen kaum möglich ist. Dennoch sind die Stadtverwaltung aber auch alle Bürger*innen gefordert, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Vorsorge zu treffen.
Von Starkregen spricht man, wenn innerhalb kurzer Zeit außergewöhnlich große Mengen an Niederschlag auftreten.
Starkregen entsteht aus konvektiven Niederschlägen (starker vertikaler Auftrieb bodennaher Luftmassen mit hoher Kondensation), die in den Sommermonaten häufig in Verbindung mit Gewitterzellen auftreten. In relativ kurzer Zeit fällt eine sehr große Menge an Niederschlag, die zu hohen Wasserständen, Überflutungen und wild abfließendem Wasser führen kann; zudem gehen mit länger anhaltendem Starkregen oft auch Bodenerosion und Hangrutschungen einher.
Für Starkregen gibt es keine allgemeingültige Definition, da charakteristische Niederschlagsmengen von der jeweiligen Klimazone abhängen. Die Definition des Deutschen Wetterdienstes (DWD) basiert auf „Intensität und Niederschlagsmenge“. Von starkem Regen spricht der DWD ab einer Niederschlagshöhe von 10 mm (Liter) pro Quadratmeter in 60 Minuten bzw. einer Niederschlagshöhe ab 1,7 mm pro Quadratmeter in 10 Minuten.
Der DWD warnt vor Starkregen in 2 Stufen, wenn voraussichtlich folgende Schwellenwerte überschritten werden:
Die vorliegende Starkregengefahrenkarte für das Stadtgebiet wurde gemäß den Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen für 2 Starkregenereignisse gerechnet:
Für das 100 jährliche Ereignis wird eine Regenmenge von 51 l/qm in 1 Stunde (Vorgabe DWD) und für das extreme Ereignis wird eine Regenmenge von 90 l/qm in 1 Stunde angenommen.
Diese Regenmengen liegen also deutlich über den Mengen, bei denen der Deutsche Wetterdienst warnt.
Die für die Berechnung der Starkregengefahrenkarte zugrunde gelegten Regenmengen sind leider nicht unrealistisch. So wurde bei dem Unwetter am 09.08.2007, von dem Teile des Stadtgebietes erheblich betroffen waren, ein Niederschlag von bis zu 79 l/qm in einer Stunde gemessen.
Bei den Berechnungen für eine Starkregengefahrenkarte wird die Kanalisation nicht berücksichtigt, da sie für solche Niederschlagsmengen nicht ausgelegt ist oder aber Kanaleinläufe verstopfen können. Zudem gelangen große Niederschlagsmengen, etwa aus den Wäldern oder von landwirtschaftlichen Flächen, häufig nicht in die Kanalisation.
Die Versickerung von Niederschlagswasser wird ebenfalls ausgeschlossen, da die Böden entweder zu trocken oder bereits durch vorherige Niederschläge gesättigt sind.
Da extreme Niederschläge eher lokal begrenzt auftreten, wurde auf die Darstellung der Hochwassersituation in Ruhr, Möhne und Röhr verzichtet. Für diese Gewässer liegen bereits ausgewiesene Überschwemmungsgebiete und Hochwassergefahrenkarten vor.
Weiterhin liegt für das Stadtgebiet eine Schadenspotenzialanalyse für alle Gebäude vor. Grundlage hierfür ist eine Fließwegeanalyse. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die errechneten Schadenspotenziale in 4 Klassen unterteilt. Es wird unterschieden:
Hauseigentümer*innen, deren Häuser in die Klassen mit hohem oder sehr hohem Risiko eingestuft sind, sollten sich unbedingt Gedanken über Schutzvorrichtungen für ihr Gebäude machen.
In der Starkregengefahrenkarte wird zunächst das 100 – jährliche Niederschlagsereignis angezeigt.
Über den Button am unteren Rand der Karte kann ein weiteres Menü geöffnet werden, über das weitere Daten hinzugeladen werden können:
Die Karte im neuen Fenster öffnen:
https://arnsberg.maps.arcgis.com/apps/webappviewer/index.html?id=594bd4aa47384c07a6c5c593a3798978
Die durch den Klimawandel verstärkte „Verwundbarkeit“ der Immobilien und Liegenschaften erfordert auch eine zunehmend „private Optimierung der Starkregenvorsorge“.
Nicht nur beim Neubau oder Erwerb einer Immobilie, sondern auch bei angenommenen Gefährdungslagen in Bestandsbebauungen, sollte eine Einschätzung und Bewertung der Starkregengefährdung des eigenen Grundstücks bzw. Gebäudes erfolgen.
Ziel ist es, im Rahmen der Schadensvorsorge das wahrscheinlicher werdende Gefährdungspotential zu erkennen. Daraus ergibt sich bei gefährdeten Bestandsbauten eine gezielte und effektive Berücksichtigung von Vorsorge- und Schutzmaßnahmen. Beim Erwerb von in Neu- und Altbauten sollte das Gefährdungspotenzial in den frühen Planungsprozess bzw. Erwerbsprozess eingebunden werden.
Wichtige Grundlage einer Analyse sind neben der von der Stadt Arnsberg speziell erstellten Starkregengefahrenkarte aber auch die Hochwassergefahrenkarten des Landes NRW:
(https://www.uvo.nrw.de/uvo.html?lang=de)
Der eigenverantwortliche, technisch-konstruktive Objektschutz zur Vorsorge und Anpassung ist auch rechtlich im Wasserhaushaltsgesetze (WHG) im §5 (2) „Allgemeine Sorgfaltspflichten“ eindeutig festgelegt.
Gefährdung für Gebäude und Grundstücke und mögliche Schutzmaßnahmen
Die Gebäude und Grundstücke im Stadtgebiet sind bei Starkregen unterschiedlich stark gefährdet:
- Gefährdung für Gebäude und Grundstücke durch unkontrolliert abfließende Niederschläge von anderen Grundstücken
Hier ergeben sich für eine Ersteinschätzung der Gefährdungslage verschiedene Fragestellungen:
- Liegt das Gebäude in Hanglage?
- Liegt das Gebäude in einer Talsenke?
- Liegt das Gebäude in Gewässernähe?
Gegen diese „wild“ abfließenden Wassermengen gibt es auf den Grundstücken verschiedene Schutzmaßnahmen:
- Einfriedung des Grundstücks z.B. durch eine wasserabhaltende Mauer (Strömungsabweiser) an kritischen Bereichen. Diese Mauern müssen oft nicht einmal besonders hoch sein.
- Anpassung der Außenflächen durch Schaffung von wasserleitenden Strukturen „weg vom Haus“; d.h. Lenkung des Wassers auf dem Grundstück. Durch eine entsprechende Gestaltung des Grundstücks soll der Zufluss zum Gebäude unterbunden werden. Wenn möglich sollte die Zurückhaltung des Wassers auf dem eigenen Grundstück in z.B. Mulden (Retentionsfläche), Zisternen, Versickerungsanlagen gewährleistet bzw. unterstützt werden.
- Die Versiegelung des Grundstücks sollte gering gehalten werden, damit der Boden möglichst wasseraufnahmefähig bleibt.
- Mit mobilen Schutzeinrichtungen, z.B. Dammbalkensysteme aus Alu-Hohlkammerprofilen (mobile Schotts, modulare Systeme zum Absperren und zur Sicherung des Grundstücks) als Wasserbarrieren, können Einfahrten und Zugänge zum Grundstück gesichert werden. Da Sturzregenereignisse i.d.R. aber plötzlich kommen, funktionieren diese Systeme nur, wenn jemand vor Ort ist.
- Gefährdung im und am Gebäude
Auch die Gebäude selbst sind bei Starkregen gefährdet. Der Gefährdungsgrad hängt von verschiedenen Bedingungen ab:
Ist das Gebäude unterkellert?
Wenn ja, liegt der Keller unter der Rückstauebene? Gibt es Rückstausicherungen? Befinden sich im Kellergeschoss Öffnungen (Türen, Fenster, Lüftungsöffnungen, etc.)?
Sind in den Untergeschossen Werte, sensible Nutzungen, Elektroinstallationen oder Heizungsanlagen untergebracht?
Gibt es im Erdgeschoss abgesenkte bzw. gefährdete Eingänge? Sind hierfür bereits Schutzvorrichtungen vorhanden?
Ist die Dachentwässerung funktionstüchtig, wird sie regelmäßig gewartet?
- Mögliche Maßnahmen:
Bei der Planung von neuen Gebäuden oder bei Umbaumaßnahmen sollten konkrete Schutzmaßnahmen vor Starkregen berücksichtigt werden.
Bei Neubauten kann eventuell auf Unterkellerung bzw. Kellerräume verzichtet werden.
Bei einem Neubau sollte der Keller als „Weiße Wanne“ oder „Schwarze Wanne“ ausgeführt werden (Schutz vor drückendem Grundwasser).
Die Nutzung der Kellerräume sollte zur Senkung des Schadenspotentials an den Schutz vor Starkregen angepasst werden (kein hochwertiger und schadensanfälliger Ausbau, keine Lagerung von Sachwerten und gefährlichen, wasser- und bodenkontaminierenden Stoffen in gefährdeten Überflutungsbereichen).
Heizung und Öltanks sichern (Aufstellungsort möglichst hoch, wenn möglich, in höheren Geschossen).
Keine Elektroinstallationen wie z.B. Steckdosen in Kellerbodennähe.
Abdichtung, Sperrung des Mauerwerks (Vertikalabdichtung, Horizontalabdichtung).
Funktionstüchtige Drainage zur Senkung des Wasserdrucks im Erdreich (Verbot der Einleitung von Drainagewasser in die Schmutz- und Mischwasserkanalisation beachten).
Kellertreppen, Lichtschächte und Türen vor Wasserzufluss schützen (Aufkantungen, Schwellen, Ummauerungen).
Kellertreppen, Lichtschächte an Entwässerungssystem (mit Rückstauklappe!) anschließen – unter Rückstauebene gegebenenfalls über Pumpen.
Hochwasserschutztüren (z.B. von WIGO, o.ä.) einbauen.
Einbau von wasser- und druckdichten Fenstern (am besten selbstschließende) und Kellerlichtschächten, (z.B. von Alpina, ACO Therm, Lagun, MEA, o.ä.).
Nachrüstung vorhandener Fenster evtl. mit Acrylschotts oder automatische Hochwasserschotts.
Vorhalten von Dammbalkensystemen aus Alu-Hohlkammerprofilen (mobile Schotts, modulares System als Tür- und Torsperren zur Sicherung von Gebäuden) als Wasserbarrieren. Da Sturzregenereignisse i.d.R. aber plötzlich kommen, funktionieren diese Systeme nur, wenn jemand vor Ort ist.
Vorhaltung von mobilen Pumpen, evtl. Einbau eines Pumpensumpfs mit fest installierter Tauchpumpe.
Druckdichte Ausführung der Leitungsdurchführung (Hausanschlüsse Strom, Gas, Wasser, etc.).
Anpassung der Dachentwässerung an Starkregenereignisse: Genügende Anzahl und ausreichende Dimensionierung von Entwässerungsmöglichkeiten und Notüberläufen (Gullys, Fallrohre, Grundleitungsanschlüsse).
siehe auch: Hochwasserschutzfibel (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung)
Risikoabsicherung über Versicherungen
Ein weiterer Baustein bei Schäden durch Starkregen ist die Absicherung des Gebäudes durch entsprechende Versicherungen. Die umfassende Absicherung des Risikos Hochwasser, Sturzfluten und Überschwemmungen ist notwendig, da solche Wasserkatastrophen in kürzester Zeit immense Schäden verursachen können.
Hier einige Beispiele für Versicherungen, die benötigt werden können, um ausreichend gegen die wirtschaftlichen Folgen einer Sturzflut oder eines Hochwassers versichert zu sein:
- Wohngebäudeversicherung (Basisschutz; unzureichend)
- Hausratversicherung (Basisschutz; unzureichend)
- Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung für fremdvermietete
Ein- oder Mehrfamilienhäuser sowie für unbebaute Grundstücke (Basisschutz; unzureichend)
wichtige Versicherungen sind:
- Elementarschadensversicherung als Erweiterung der zuvor genannten Versicherungen, schützt als Zusatzbaustein insbesondere zur Regulierung von Überschwemmungsschäden durch Starkregenereignisse
- Gewässerschadenshaftpflichtversicherung (früher Heizöltank Haftpflichtversicherung genannt) für Schäden, die durch wassergefährdende Stoffe entstehen können.
Verhaltensvorsorge
Neben den konkreten Schutzmaßnahmen für Grundstücke und Gebäude gibt es noch wichtige Regeln für das eigene Verhalten bei einem Ernstfall.
- Betreten Sie keine Kellerräume, wenn es draußen noch stark regnet.
- Betreten Sie keine Räume, wenn bereits Steckdosen oder andere Stromanschlüsse unter Wasser stehen. Hier besteht die Gefahr eines Stromschlags.
„Schwammstadtkonzept“ (Sponge City)
In der Stadtplanung wird schon seit einigen Jahren das Thema „Schwammstadt-Konzept“ diskutiert und verschiedentlich auch schon angewandt. Im Rahmen einer “wassersensiblen Stadtentwicklung“ und eines „ressourcenschonenden und ökologischen Wasserwirtschaftskonzepts“ soll möglichst viel vom kompletten Niederschlag aufgefangen, gespeichert, wiederverwendet, oder dezentral versickert oder gedrosselt abgeleitet werden.
Auch die privaten Grundstückeigentümer*innen sollten auf ihren Grundstücken eigenverantwortlich tätig werden. Weitere Informationen enthält auch der Flyer "GEBÄUDE KLIMASICHER GESTALTEN".
Rückhaltung und Versickerung von Dach- und Oberflächenwasser
Statt Niederschlagswasser möglichst schnell fortzuleiten, sollte es dezentral, vor Ort (in Zisternen) gespeichert und genutzt oder auch dem Grundwasser zugeführt (versickert) werden. Allerdings ist im Bereich der Stadt Arnsberg die Versickerung von Niederschlagswasser aufgrund der Bodenverhältnisse (Lehmböden) nicht überall möglich. In verschiedenen Bebauungsplänen ist die Versickerung von Niederschlagswasser konkret ausgeschlossen.
Auf den nicht überbaubaren Flächen kann anfallendes Dach- und Oberflächenwasser der Dachflächen und der teilversiegelten Grundstücksflächen in einem ausreichend dimensionierten Regenrückhaltebecken (Zisterne) gespeichert werden.
In einer Zisterne gesammeltes Regenwasser der Dachflächen kann auch mit einer Brauchwassernutzungsanlage (z. B. für Toilettenspülung, Gartenbewässerung etc.) kombiniert werden.
„Gründächer“ sind ebenfalls sinnvolle Zwischenspeicher. Sie vermindern und verzögern den Ablauf des Wassers. Ein „Grün-Blau-Dach“ ist ein Dach, das zusätzlich große Mengen Wasser speichern kann (bepflanzte Retentionsboxen), um dies nur zu einem sehr geringen Teil allmählich an den Abwasserkanal abzugeben. Bei mehrschichtiger Bauweise können extensive Dachbegrünungen im Durchschnitt etwa 35 l/qm Niederschlagswasser aufnehmen, Intensive Dachbegrünungen etwa 45 l/qm.
Zugleich dienen diese nachhaltigen Maßnahmen auch zur Verbesserung des Mikroklimas, der Luftqualität, zur Verringerung der Feinstaubbelastung und zur Erhöhung der Biodiversität.
(Gründächer und Grün-Blau-Dächer führen aufgrund der zusätzlich wirkenden Flächenlasten bei der Tragkonstruktion des Daches zu höheren statischen Anforderungen!)
Versickerung von Oberflächenwasser
Private Grundstücke bieten gute Möglichkeiten, anfallendes Oberflächenwasser zu versickern. So sollten Pkw-Stellplätze, Grundstückszufahrten, privaten Wohnwege, Terrassen mit wasserdurchlässigen Materialien (z. B. Rasengittersteinen, Porenpflaster, Rasenfugenpflaster o.ä.) hergestellt werden. Mit solchen Maßnahmen können auch die Gebühren für die Beseitigung von Niederschlagswasser reduziert werden.
Links zu weiteren Informationen zum Thema Starkregengefahren
Im Internet sind umfangreiche Informationen zum Thema „Schutz vor Starkregen“ zu finden, die weit über die hier genannten Informationen hinausgehen, z. B:
Neben den aufgeführten Ansprechpartnern stehen zu Fragen der Stadtentwässerung Mitarbeiter*Innen der Stadtwerke Arnsberg für Rückfragen zur Verfügung.