Einer der schönsten Spaziergänge in Arnsberg führt vom Neumarkt den Steinweg hinauf. Vorbei an gemütlichen Cafés und hübschen Geschäften, zwischen Altem Rathaus und Maximilianbrunnen hindurch gelangt man ins mittelalterliche Herz der Stadt, wo sich ihr Wahrzeichen, der Glockenturm, erhebt.
Die Vorstellung fällt schwer, auf halbem Wege an einem mächtigen Stadttor den Ausweis bereitzuhalten und nach gründlicher Prüfung eingelassen oder aber abgewiesen zu werden, etwa weil man krank ist oder der "falschen" Religion angehört.
So allerdings erging es den Besuchern Arnsbergs für viele Jahrhunderte; etwa bestand seit 1700 eine Obergrenze für Juden in der Stadt. Erst um 1800 verlor das gewaltige Haupttor auf dem Steinweg seine Funktion und wurde abgerissen, kurz nachdem die Preußen das Stadtgebiet um den Bereich des Neumarkts erweitert hatten. Zuvor hatte man Brachland betreten, wenn man die Stadt an jener Stelle verließ, um etwa das Kloster Wedinghausen zu Gebet oder Bildung aufzusuchen.
Santiago Sierra markiert den exakten Standort der sogenannten Klosterpforte mit sparsamsten gestalterischen Mitteln durch eine Kette aus dezenten Bodenlichtern, die den Grundriss auf denselben Koordinaten nachzeichnen. An einer Seite und einer Ecke wird er durch nachträglich gebaute Häuser überlagert.
Statt dicker Mauern bilden nun zarte Lichtpunkte den Umriss eines offenen Stadttors, das keine Barriere der Ab- und Ausgrenzung darstellt, sondern von jedem überschritten werden kann. So markant und imposant das mittelalterliche Stadttor sich präsentierte, so zurückhaltend und unaufdringlich ist die moderne Lichtpforte.
Sie ist nach einer Arbeit in Reykjavik erst das zweite permanente Kunstwerk, das Sierra für den öffentlichen Raum realisierte. Der spanische Konzeptkünstler gehört zu den bedeutendsten seiner Zeit. Die Installation in Arnsberg, die an das Stadttor als Ort der Grenze und des Übergangs von großer sowohl städtebaulicher als auch gesellschaftspolitischer Bedeutung erinnert, folgt ganz der Linie seiner Arbeiten, die in hohem Maße sozialkritisch sind und stets intensive Diskussionen anregen.
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