Arnsberg. Deutschland hat einen neuen Bundestag gewählt. Die Ergebnisse sind bekannt und werden aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert. „Den Sichtweisen und Themenschwerpunkten von Frauen wurde allerdings wenig Raum zuteil. Kein Wunder, denn die Unterrepräsentanz von Frauen ist auch bei den Wahlen 2025 gravierend,“ berichtet Petra Blesel, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Arnsberg, und verweist auf das Zahlenmaterial des statistischen Bundesamtes:
2025 waren 59,2 Millionen Menschen wahlberechtigt, davon sind 30,6 Millionen Frauen und 28,6 Millionen Männer. Zur Wahl aufgestellt hatten sich insgesamt 4.506 Personen, davon waren 1.422 Frauen, was 32 % entspricht. Im Ergebnis bekommen von den 630 Sitzen im Bundestag 204 Frauen einen Sitz. Das entspricht einem Anteil von 32,4%.
Frauenanteil in den Fraktionen
Der Frauenanteil bei den Abgeordneten liegt bei der CDU bei 22.6%, CSU 25%, Bündnis 90/Die Grünen bei 61,2 %, SPD 41,7%, Linke 56,2% und AFD 11,8%.
Warum stellen sich nicht mehr Frauen zur Wahl auf?
Frauen in der Politik sind oft mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, insbesondere wenn es um die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt geht. Viele Frauen müssen einen Balanceakt meistern, um ihre politischen Ambitionen mit familiären Pflichten und beruflichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Antifeminismus und tradierte Rollenbilder können diese Herausforderungen nach Einschätzung der Gleichstellungsbeauftragten zusätzlich erschweren. Oftmals seien Frauen in der Politik auch mit Vorurteilen und Stereotypen konfrontiert, so Petra Blesel.
Darüber hinaus seien Angriffe im Straßenwahlkampf und Cybergewalt ernsthafte Probleme, die Frauen in der Politik häufig erleben. Solche Übergriffe können nicht nur physische, sondern auch psychische Auswirkungen haben und Frauen davon abhalten, sich aktiv in die Politik einzubringen.
Ein möglicher Lösungs-Ansatz: Parität
Parität und ein Paritätsgesetz sind aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten wichtige Aspekte, wenn es um die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Politik geht. Parität bedeutet, dass Frauen und Männer gleichberechtigt in politischen Ämtern und Gremien vertreten sind. Das Ziel hierbei ist, eine ausgewogene Repräsentation zu erreichen, die die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt.
In der EU gibt es in 21 von 28 Staaten Regelungen zur Parität, davon in zehn Staaten auf gesetzlicher Basis: Belgien, Frankreich, Griechenland, Irland, Kroatien, Luxemburg, Polen, Portugal, Slowenien und Spanien. Ein Paritätsgesetz zielt darauf ab, die politische Mitbestimmung von Frauen zu fördern, indem es Vorgaben für die Geschlechterverteilung in politischen Gremien schafft. Solche Gesetze können beispielsweise vorschreiben, dass auf Wahllisten von Parteien Frauen und Männer zum Beispiel abwechselnd vom ersten bis zum letzten Platz aufgestellt werden. Dies soll sicherstellen, dass Frauen nicht nur in der Politik präsent sind, sondern auch in Entscheidungsprozessen.
„Die Einführung von Paritätsgesetzen könnte ein Schritt sein, um die strukturellen Barrieren abzubauen, die Frauen oft daran hindern, in der Politik erfolgreich zu sein. Dennoch gibt es auch Widerstand gegen solche Gesetze, oft aus den gleichen Kreisen, die auch Antifeminismus und tradierte Rollenbilder vertreten. Es ist entscheidend, diese Themen im Kontext der Gleichstellung zu betrachten und aktiv für eine paritätische Vertretung zu kämpfen, um eine gerechtere und inklusivere politische Landschaft zu schaffen“, erklärt Petra Blesel.
Blick nach vorne: Kommunalwahl NRW 2025
Die Gleichstellungsbeauftragte führt weiter aus: „Mit Blick auf die Kommunalwahl 2025 gibt es verschiedene Ansätze und Maßnahmen, die ergriffen werden können, um Frauen in der Politik zu stärken und ihre Repräsentation zu erhöhen. Dazu gehören paritätische Wahllisten und Quotenregelungen, gezielte Mentoring- und Nachwuchsprogramme sowie Maßnahmen gegen Sexismus und digitale Gewalt in der Politik.“ Zudem seien familienfreundlichere Strukturen - etwa flexiblere Sitzungszeiten und digitale Beteiligungsmöglichkeiten - entscheidend, um mehr Frauen den Zugang zur Politik zu erleichtern. Ebenso wichtig sei die aktive Ansprache potenzieller Kandidatinnen, um sie zu ermutigen und bestehende Hürden abzubauen.
Kommunale Gleichstellungsbeauftragte
Kommunale Gleichstellungsbeauftragte setzen sich in verschiedenen Kooperationsbündnissen lokal intensiv dafür ein, Frauen über politische Arbeit aufzuklären und sie für die politische Arbeit zu gewinnen/überzeugen.
Die LAG NRW hat im Jahr 2024 einen Werkzeugkoffer für Maßnahmen zur Förderung der politischen Partizipation entwickelt, der in die Toolbox des Projektes „Be the change“ eingeflossen ist.
"Parteien sind gefordert, Frauen gezielt anzusprechen, sie für politische Ämter zu gewinnen und ihre Wahllisten geschlechtergerecht zu besetzen. Dafür braucht es auch konkrete Programme – sowohl zur Unterstützung von Frauen in der Politik als auch zur gezielten Gewinnung neuer Kandidatinnen.", so Petra Blesels Fazit zu diesem Thema.